Text: Mikael Vallin
Foto: Evelina Lind
Manchmal können Kleidung oder Accessoires auf merkwürdige oder unerwartete Weise angewandt werden. Taucht dies als wiederkehrendes Phänomen auf, bezeichnen wir die Idee schnell als Trend. Manche nehmen neue Strömungen sofort an und tragen gerne auf die eine oder andere Weise zur Verbreitung von neuen Entwicklungen bei – sogenannte Trendsetter.
Es wird oft eingehend darüber diskutiert, wie Phänomene entstehen oder entstanden sind. Viele unserer heute üblichen Kleidungsstile galten einst als lächerlicher Trend. Zu einem der bekanntesten Beispiele zählt der heutige Anzug. Einst wurde englischen Parlamentsabgeordneten das tägliche Tragen des Fracks überdrüssig, das Sakko wurde gekürzt und die Fertigung von Anzügen aus Stoffen, die im Alltag gebräuchlich waren, wurde immer mehr zur Normalität. Mit der Zeit fand der Stil Anerkennung und auch der Herzog von Windsor kleidete sich in marineblauem Kostüm, zu dem er selbstbewusst Velours-Brogues kombinierte. Der Herzog bewirkte den eigenwilligen Trend, da er Brogues den schwarzen, blankpolierten Oxfords vorzog.
Trends werden nicht selten den Modeschaffenden selbst zugeschrieben, in der Annahme, dass neue Strömungen entwickelt werden, um weltweit Konsumenten zu beeinflussen und zum Kauf neuer Kleidung zu animieren. Niemand bestreitet diese Tatsache, aber viel öfter kommt es vor, dass Trends von gewöhnlichen Menschen mit Gefühl für Stil oder ohne bestimmte Absicht gesetzt werden, da zufällig gewisse Kleidung in unerwarteten Zusammenhängen getragen wurde. Andere stilinteressierte Personen greifen das Phänomen auf und verbreiten, mehr oder weniger bewusst, neue Strömungen, wie im Fall der Velours-Brogues des Herzogs.
Oft ist „Trendsetting“ eine komplett unbeabsichtigte Handlung. Der Kleidungsstil einer Person fällt auf und der Beobachter übernimmt die Idee aus vielleicht ganz anderen Gründen als ursprünglich gedacht. Neulich wurde mir die Frage gestellt, warum junge Männer und Frauen plötzlich ganzjährig kurze, sommerliche Socken in Sneakers tragen. In meiner Gedankenwelt wäre es nicht unmöglich, dass das Faible eines Nerds hinter der ursprünglichen Idee liegt, Schuhe ganz ohne Strümpfe zu tragen, um die Haut zwischen Schuhen und Hosensaum zu zeigen. Erst trug man Halbsocken um den Schuh vor Verunreinigung und Abnutzung zu schonen.
Dann ging der Trend über zu Strümpfen, die oberhalb der Schuhe abschließen, aber absichtlich den Knöchel sichtbar lassen. Undenkbar für alle Stilfanatiker. Entweder werden Schuhe ohne Strümpfe getragen oder die Wahl fällt auf ein Modell, bei dem kein Risiko besteht, die nackte Wade zwischen Strumpf und Hosensaum sichtbar werden zu lassen, da ein erkennbarer Strumpfsaum den größten Stilbruch für einen modebewussten Mann darstellt. Schuhe ohne Strümpfe zu tragen scheint für manche undenkbar, anderen vermittelt es einen schicken Eindruck und ein luftiges Tragegefühl.
In letzter Zeit habe ich immer öfter Frauen mit Pantoletten auf der Straße gesehen. Ich kann mir eine schicke Dame in Notting Hill oder Chelsea vorstellen, die morgens leicht verschlafen in ihren Designer-Hausschuhen zur Bäckerei schlendert um Brötchen zu kaufen, weil sie keine Energie aufbringen konnte die Schuhe zu wechseln. Über dem Seidennachthemd trägt sie einen Mantel von Burberry zum Schutz vor Wetter und neugierigen Blicken. Auf dem Weg erregt sie die Aufmerksamkeit von Passanten oder trifft vielleicht sogar auf eine Horde von Streetfotografen, die einen neuen Trend in den Pantoletten und dem Mantel sehen.
Das wäre vergleichbar mit einem Fauxpas in der Herrenmode, der als ”Sprezzatura” gedeutet werden kann und Männern, die ihre Kleidung mit unnachahmlichem Stilgefühl tragen, von Zeit zu Zeit aber aus praktischen Gründen auf ein bewusstes Styling verzichten, ohne die Absicht einen neuen Trend zu schaffen, sondern einfach gerade keine Zeit für durchdachte Kombination haben. Heute können sich Outfits in den sozialen Medien wie ein Lauffeuer verbreiten und werden so zur Grundlage eines neuen Phänomens, welches weltweit mit dem Gedanken cool und entspannt zu wirken, imitiert wird.
Natürlich werden Trends auch bewusst auf den Laufstegen und in Designstudios konstruiert, aber bei weitem nicht so oft, wie die Allgemeinheit vielleicht annimmt. Spielen Sie mit diesen Gedanken, bevor sie einen neuen Stil nachahmen oder irritiert über neue Kombinationen sind. Wer weiß, vielleicht setzen Sie ja selbst den nächsten Trend, ohne sich dessen bewusst zu sein.
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